■ Geldpolitik
Was bedeuten sinkende Zinsen für den Bündner Tourismus?
Im März hat die Schweizerische Nationalbank ihren Leitzins zum ersten Mal seit 2015 wieder gesenkt. Das hat den Franken in der Folge stark abgewertet. Was bedeutet das für den Bündner Tourismus?
Wer in Graubünden ein Hotel führt oder in einer Ferienregion lebt, weiss: Ausländische Gäste sind wichtig. Rund drei Viertel aller ausländischen Hotelgäste in Graubünden kommen aus Europa. Das zeigt die Beherbergungsstatistik des Kantons Graubünden. Die meisten davon verdienen ihr Geld in Euro.
Klar ist somit, dass für diese Leute die Hotelpreise in Euro relevant sind. Sie rechnen die hiesigen Übernachtungspreise in Euro um, wenn sie sich entscheiden, ob sie ihre Ferien wieder in Davos oder Arosa verbringen wollen – oder doch lieber irgendwo im Euroraum.
Entscheidend für diese Umrechnung ist der Wechselkurs des Frankens. Für Graubünden speziell wichtig ist der Wechselkurs des Frankens gegenüber dem Euro.

Die Nationalbank beeinflusst den Euro-Franken-Kurs
Massgeblich geprägt wird dieser Kurs durch die Schweizerische Nationalbank. Sie bestimmt, wie hoch die Zinsen in der Schweiz sind. Und damit indirekt auch, wie viel ein Schweizer Franken in Euro kostet.
Im März hat die Nationalbank ihren Leitzins erstmals seit neun Jahren wieder gesenkt. Das, nachdem sie ihn zuvor von −0.75 Prozent auf 1.75 Prozent erhöht hatte, um die Inflation zu bekämpfen. Als Folge der überraschenden Zinssenkung ist es zu einer starken Abwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro gekommen.
Für Touristen aus dem Euroraum waren das gute Nachrichten: Zwischenzeitlich zahlten sie für einen Franken fast 10 Prozent weniger als noch zu Beginn des Jahres. Doch wieso bewegt sich der Euro-Franken-Kurs, wenn sich die Zinsen ändern?
So beeinflussen die Zinsen den Euro-Franken-Kurs
Die Antwort liegt im Anlageverhalten von internationalen Investoren, beispielsweise Blackrock. Blackrock ist der grösste Vermögensverwalter der Welt. Und wenn Blackrock etwas entscheidet, bewegt das sogar Wechselkurse.
Werden nämlich die Manager von Blackrock von einer Zinssenkung in der Schweiz überrascht, ziehen sie ihr Geld aus der Schweiz ab. Das darum, weil sie in der Schweiz nun doch nicht mehr so hohe Renditen machen können, wie ursprünglich erwartet.
Ganz konkret bedeutet das: Sie verkaufen ihre Anlagen in Schweizer Franken und kaufen damit ausländische Währungen, etwa Euro. So steigt die Nachfrage nach Euro – und damit der Preis von Euro in Schweizer Franken.

Portrait Fabio Canetg
Fabio Canetg hat an der Universität Bern und an der Toulouse School of Economics zum Thema Geldpolitik doktoriert. Heute arbeitet er als freischaffender Journalist und Dozent an den Universitäten Neuchâtel und Bern. Er moderiert die Wirtschaftspodcasts «Geldcast» und «Börsenstrasse Fünfzehn».
Darum ist ein schwacher Franken gut für die Tourismusbranche
Im Umkehrschluss heisst das: Der Preis des Frankens in Euro fällt. Zwar verändern sich Hotelpreise in Franken nicht, wenn die Zinsen sinken. In Euro umgerechnet, werden sie aber günstiger.
Für die Bündner Tourismusbranche sind Zinssenkungen also gute Neuigkeiten. Sie machen den Franken günstiger – und so auch Ferien in Graubünden. Zumindest für ausländische Gäste. ■
Preis eines Frankens in Euro

Quelle: Yahoo Finance