■ Im Fokus
«Die Grenzen zwischen ‹Wealth and Health› verschwimmen.»
In den letzten 70 Jahren stieg die Lebenserwartung der Schweizerinnen und Schweizer kontinuierlich. Dies bringt neue Herausforderungen für Gesellschaft und Wirtschaft mit sich. Ein Grund für die hohe Lebenserwartung ist neben dem Wohlstand der allgemeine Gesundheitszustand unserer Gesellschaft. Die Gesundheit wirkt sich in besonderem Masse auf die Lebensqualität aus und trägt einen massgeblichen Teil zur Vorsorge im Alter bei. Im Gespräch mit ÖKK-CEO Simon Neuner tauchen wir ins Thema «Vorsorge» ein und beleuchten die vielschichtigen Aspekte bei der Vorbereitung auf das Leben im Alter.
«Am Ende des Tages können wir das Gesundheitliche nicht vom Finanziellen trennen.»
Simon Neuner, CEO ÖKK
«Am Ende des Tages können wir das Gesundheitliche nicht vom Finanziellen trennen.»
Simon Neuner, CEO ÖKK
Interview: Fabienne Farner Fotos: Nicola Pitaro
Die Vorsorge für das Alter ist ein komplexes Unterfangen, das eine ganzheitliche Betrachtung erfordert. «Am Ende des Tages können wir das Gesundheitliche nicht vom Finanziellen trennen», erläutert Simon Neuner, CEO von ÖKK, die Verbindung der beiden Vorsorgeaspekte. Als Kernstück der Altersvorsorge sieht er die gesundheitliche Prävention, ein Bereich, in dem die ÖKK als Krankenversicherer eine zentrale Rolle spielt. Doch geht es nicht nur darum, für die finanziellen Folgen von Krankheiten im Alter gerüstet zu sein. Vielmehr liegt der Schwerpunkt darauf, präventive Massnahmen zu ergreifen, damit gesundheitliche Beschwerden gar nicht erst entstehen. Neuner unterstreicht: «Unsere Hauptaufgabe als Versicherer ist es, eine Balance zwischen finanzieller Absicherung und gesundheitlicher Prävention zu finden.»
Die Vorsorge beginnt nicht erst im Erwachsenenalter, sondern ist ein lebenslanger Prozess, der so früh wie möglich einsetzen sollte. «Gesundheitliche Prävention spielt ab der Geburt eine Rolle», erläutert Neuner, «und in unserem Geschäft sogar schon davor.» Bereits vor der Geburt eines Kindes machen sich Eltern Gedanken darüber, wie sie die Gesundheit ihres Nachwuchses bestmöglich absichern können. Auch die Weichen für ein gesundes Leben werden oft schon in der Kindheit gestellt. Es geht dabei nicht nur um die Vermeidung von Krankheiten durch vorbeugende Massnahmen, sondern auch um die Förderung der mentalen Gesundheit, die Ernährung und das allgemeine Wohlbefinden.
Vorsorge im Wandel
Mit der steigenden Lebenserwartung (derzeit beträgt diese laut dem Bundesamt für Statistik im Schnitt 85.4 Jahre für Frauen und 81.6 für Männer) verändern sich auch die Ansprüche an die Altersvorsorge. Die Menschen erwarten, dass sie auch im hohen Alter eine hohe Lebensqualität geniessen können. Hier spielt nicht nur die finanzielle Sicherheit, sondern auch die Verfügbarkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung eine entscheidende Rolle. Die Grenzen zwischen «Wealth and Health» (Wohlstand und Gesundheit) verschwimmen zunehmend. «Finanzieller Wohlstand ist nur kombiniert mit gesundheitlichem Wohlbefinden zufriedenstellend und umgekehrt», so Neuner weiter.
Die Schnelllebigkeit der heutigen Welt macht auch vor der Gesundheitsbranche keinen Halt. So ist zu sehen, dass Konsumentinnen und Konsumenten Digitalisierungsentwicklungen anderer Branchen auch im Gesundheitswesen erwarten. Auf solche Trends angesprochen, sagt Neuner: «Wenn ich bei meiner Bank digital ein Konto eröffnen kann, dann erwarte ich ähnliche Dienstleistungen auch in allen anderen Bereichen meines Lebens. Als Krankenversicherer sind wir hier gefordert, mit dem Tempo der heutigen Zeit mitzugehen.» Aber es besteht auch vermehrt die Nachfrage nach individuell zugeschnittenen Lösungen, gerade im Gesundheitsbereich. «Kundinnen und Kunden möchten bei der eigenen Gesundheit keine Kompromisse machen, nur das Beste ist gut genug – aber das ist menschlich.» Und doch: «Bei allen Qualitäts- und Kostendiskussionen geht manchmal vergessen, dass wir in der Schweiz eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben.»
Auch der Bereich «Homecare» (Betreuung zu Hause) gewinnt zunehmend an Bedeutung, da viele Menschen auch im Alter in ihrem gewohnten Umfeld bleiben möchten. Das bringt gerade im Kanton Graubünden – in dem ein Grossteil der Bevölkerung nicht zentrumsnah wohnt – einige Herausforderungen mit sich. Hier können innovative neue Technologien wie beispielsweise Beratungsgespräche mit Pflegenden oder Ärztinnen und Ärzten via Video-Telefonanruf Abhilfe schaffen. Neuner sieht hier die ÖKK als Krankenversicherer ebenfalls in der Verantwortung: «Realistisch gesehen kennen die Gesundheitskosten nur eine Richtung. Es ist nun an uns, hier Einfluss zu nehmen und gemeinsam mit Spitälern, Ärzten, Pharmaunternehmen und den weiteren Akteuren im Gesundheitswesen sozialverträgliche und bezahlbare Lösungen zu finden.» Die ÖKK entwickelt bereits jetzt Angebote, die auf spezifische Bedürfnisse zugeschnitten sind, etwa im Bereich der verbesserten Nachbehandlungsmöglichkeiten bei Herzinsuffizienz. Durch den Einsatz digitaler Technologien, die Förderung von Präventionsmassnahmen und die Stärkung von Kooperationen zwischen den verschiedenen Akteuren des Gesundheitswesens können auch Krankenversicherer einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung der Lebensqualität leisten.
Steckbrief Simon Neuner
Funktion: CEO ÖKK
Jahrgang: 1974
Familie: Partnerschaft, 3 Kinder
Ausbildung: 2024 Executive MBA Business Engineering, Uni St. Gallen 2005 Master of Advanced Studies Brand Mgmt., FH Nordostschweiz 2002 Organisator mit Eidg. Fachausweis 1994 4-jährige Lehre als Typograf mit Fähigkeitszeugnis
Simon Neuner weist auf die Rolle der Krankenversicherer hin, die in der heutigen Zeit weit über die finanziellen Aspekte hinausgeht: «Wir haben eine Rolle auf dem gesamten Gesundheitspfad.» Das bedeutet, Kundinnen und Kunden nicht nur im Krankheitsfall zu unterstützen, sondern aktiv dazu beizutragen, dass sie gesund bleiben oder wieder gesund werden. Ganz besonders gilt es hier, das Bewusstsein für die eigene Gesundheit zu fördern. Gerade beim Thema «Vorsorgeuntersuchungen» seien beispielsweise nach wie vor geschlechtsspezifische Unterschiede festzustellen. «Bei Frauen ist dieses Thema viel weiter verbreitet, bekannt und die Schwelle, darüber zu sprechen, ist um einiges tiefer als bei Männern. Krankenversicherer sind hier in der Verantwortung, beide Geschlechter für eine frühzeitige und regelmässige Förderung ihrer Gesundheit zu sensibilisieren und entsprechende Angebote bereitzustellen.»
Bündner Vorsorge-Hub: ein Modell für die Zukunft
Bereits seit 2021 arbeitet die ÖKK mit der GKB beim Thema «Vorsorge» eng zusammen. Das gemeinsame Unternehmen Diventa im Bereich der Pensionskassen-Verwaltung befindet sich zwar noch in der Aufbauphase, aber Neuner hält fest: «Die Kooperation zwischen der GKB und der ÖKK beim Vorsorge-Hub ist ein gutes Beispiel für eine innovative Vorsorgelösung in Graubünden. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen der GKB, Diventa und ÖKK wollen wir mit dem Vorsorge-Hub Kundinnen und Kunden gemeinsam Lösungen anbieten, die sowohl finanzielle als auch gesundheitliche Aspekte abdecken. Eine Chance für die Zukunft. Es ist ein Modell, das weit über die Kantonsgrenzen hinaus richtungsweisend sein könnte.» ■