■ Finanzpolitik
Die Bundesfinanzen sind unter Druck – wie könnte sich das auf Graubünden auswirken?
Bereits in wenigen Jahren droht beim Bund ein strukturelles Defizit von drei bis vier Milliarden Franken pro Jahr. Finanzministerin Karin Keller-Sutter will darum sparen. Das könnte sich auch auf den Kanton Graubünden auswirken.
Die Grundidee ist so einfach wie einleuchtend: Defizite im Bundeshaushalt sind grundsätzlich nur erlaubt, wenn die Wirtschaft schwächelt. In guten Jahren muss ein Überschuss erwirtschaftet werden. So will es die sogenannte Schuldenbremse. Die Verfassungsbestimmung wurde 2001 mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 85 Prozent angenommen.
Seither hat sich der ordentliche Schuldenstand des Bundes bei rund 115 Milliarden Franken stabilisiert. Dazu kommen ausserordentliche Schulden aus der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine von rund 25 Milliarden Franken. Diese müssen aber spätestens bis 2039 zurückbezahlt werden.
Die Schuldenbremse funktioniert also. Passiert nichts Ausserordentliches, bleiben die Schweizer Schulden stabil.
Karin Keller-Sutter sucht nach Sparpotenzial
Nun aber droht auch in guten Jahren ein Minus – und damit ein Anstieg der Schulden. Um das zu verhindern, will Karin Keller-Sutter nun sparen: Bis zu vier Milliarden Franken jährlich soll der Bund weniger ausgeben. Das aber wird ein schwieriges Unterfangen, weil in den nächsten Jahren signifikant höhere Armeeausgaben geplant sind.
Erfreulicherweise ist Sparen aber nicht die einzige Möglichkeit, um die Schuldenbremse einzuhalten. So könnte Karin Keller-Sutter beispielsweise auch die Steuern anheben. Mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer um nur einen Prozentpunkt könnte der Bund rund 3.5 Milliarden Franken mehr einnehmen. Gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sträuben sich allerdings die bürgerlichen Parteien.
Wie also könnte Karin Keller-Sutter das Loch in der Bundeskasse noch stopfen?
Es könnte auch den Kanton Graubünden treffen
Eine Möglichkeit wäre, die Kantone stärker in die Pflicht zu nehmen. Denen geht es finanziell nämlich sehr gut. Allein im letzten Jahr haben sie zusammen einen Überschuss von 2.2 Milliarden Franken erzielt. Dazu hat auch der Kanton Graubünden beigetragen: Er hat 2023 ein Plus von rund 120 Millionen Franken erwirtschaftet.
Konkret könnte der Bund nun seine Zahlungen an die Kantone reduzieren, etwa beim Bundesbeitrag an den nationalen Finanzausgleich. Das würde dann auch den Kanton Graubünden treffen. Ein tieferer Bundesbeitrag an den Finanzausgleich würde nämlich wohl auch bedeuten, dass weniger Geld nach Graubünden flösse.
Portrait Fabio Canetg
Fabio Canetg hat an der Universität Bern und an der Toulouse School of Economics zum Thema Geldpolitik doktoriert. Heute arbeitet er als freischaffender Journalist und Dozent an den Universitäten Neuchâtel und Bern. Er moderiert die Wirtschaftspodcasts «Geldcast» und «Börsenstrasse Fünfzehn».
Noch aber ist nicht klar, wie Karin Keller-Sutter die Finanzprobleme beim Bund lösen will – und ob sie ihre Pläne überhaupt durchs Parlament bringt. Die Linke hat nämlich einen anderen Plan: Sie will die Schuldenbremse aufweichen, damit gar nicht erst gespart werden muss.
Davon würde dann unter Umständen auch der Kanton Graubünden profitieren. ■