■ Geldpolitik
US-Präsident Trump will tiefere Zinsen: Wie würde sich das auf Graubünden auswirken?
Donald Trump ist seit Mitte Januar im Amt und macht Druck auf die US-Zentralbank Fed. Tiefere Zinsen sollen es sein – und zwar gerne sofort. Wie würde sich das auf Graubünden auswirken?
Man stelle sich vor, die Graubündner Kantonalbank würde ohne weitere Begründung mit der Forderung konfrontiert: «Die Zinsen auf Firmenkrediten runter, und zwar subito!» – Sinnvoll wären solche unbegründeten Forderungen kaum: Die Expertinnen und Experten der Graubündner Kantonalbank entscheiden nämlich auf Basis von ökonomischen Überlegungen über die Höhe der Zinsen. Und das ist auch gut so.
Das Gedankenspiel aber ist aufschlussreich. Donald Trump nämlich findet es nicht so abwegig, ohne weitere Erklärung von der US-Zentralbank Fed tiefere Zinsen zu fordern. Im Januar 2025 sagte er am Weltwirtschaftsforum in Davos: «Ich verlange, dass die Zinsen sofort gesenkt werden!» Doch wieso mischt sich Trump überhaupt in die Zentralbankpolitik ein?

Tiefe Zinsen sind gut für die Wirtschaft ...
Die Antwort ist: Tiefe Zinsen helfen der Wirtschaft. Tiefe Zinsen machen es nämlich – beispielsweise – für ein Start-up-Unternehmen günstiger, einen neuen Büroraum mit Küche für die Mitarbeitenden einzurichten. Davon profitiert dann wiederum die Schreinerei von nebenan. Und mehr Aufträge für die Schreinerei bedeuten mehr Wirtschaftswachstum.
Doch tiefe Zinsen haben auch einen Nachteil: Sie führen nämlich dazu, dass immer mehr Kredite vergeben werden. So viele, dass die Schreinereien unter Umständen kaum mehr nachkommen vor lauter Aufträgen.
In Graubünden würde das heissen: Die Auftragsbücher der Schreinereien wären plötzlich voll. Und das schlicht und einfach darum, weil die Graubündner Kantonalbank der unbegründeten Forderung nach tieferen Zinsen nachgegeben hätte. Doch volle Auftragsbücher haben einen Haken. Sie führen zu steigenden Preisen.
Und das würde auch für die USA gelten, falls sich Trump gegen die Fed durchsetzen sollte: Es käme zu sinkenden Zinsen, steigenden Kreditvolumen, besseren Auftragslagen – und als Folge davon zu steigenden Preisen und höheren Lohnforderungen der Arbeitnehmenden.
… aber schlecht für die Inflation
Und obwohl New York und Chicago weit weg sind, könnte sich das bis nach Graubünden auswirken. Wenn US-Firmen nämlich wieder mehr Geld für Löhne ausgeben müssten, bliebe weniger übrig für anderes. Beispielsweise für Aufträge an international tätige Bündner Grossfirmen.
Ebenfalls könnte ein neuerlicher Anstieg der US-Inflation den Wechselkurs des Schweizer Frankens beeinflussen: Ein US-Dollar, der wegen der Inflation an Wert verliert und gleichzeitig nicht mehr ganz so hohe Zinsen abwirft, wäre weniger gefragt. Der Franken würde relativ zum US-Dollar teurer. Für amerikanische Gäste hiesse das: Ferien in Graubünden wären nicht mehr ganz so erschwinglich. Und das hätte dann wohl auch spürbare Auswirkungen. Alleine im letzten Jahr erreichten die Logiernächte von US-Gästen mit 151’000 einen neuen Höchststand. Falls Trump sich also durchsetzen sollte gegen die Fed, könnte das zwar das US-Wirtschaftswachstum ankurbeln. Mittelfristig aber würden die tieferen Zinsen vor allem inflationär wirken. Und das würden wir unter Umständen bis nach Graubünden merken. ■

Portrait Fabio Canetg
Fabio Canetg hat an der Universität Bern und an der Toulouse School of Economics zum Thema Geldpolitik doktoriert. Heute arbeitet er als freischaffender Journalist und Dozent an den Universitäten Neuchâtel und Bern. Er moderiert die Wirtschaftspodcasts «Geldcast» und «Börsenstrasse Fünfzehn».