■ Geldpolitik
Geht der AHV wegen der 13. AHV-Rente bald das Geld aus?
Im März 2024 hat die Schweizer Stimmbevölkerung Ja gesagt zur 13. AHV-Rente. Das koste nur 80 Rappen pro Tag, sagte der Schweizerische Gewerkschaftsbund damals. Doch stimmt das wirklich? Und wie sehen die mittelfristigen AHV-Finanzprognosen aus?
Für Rentnerinnen und Rentner wird 2026 ein gutes Jahr: Dann nämlich wird zum ersten Mal die 13. AHV-Rente ausbezahlt. Einzelpersonen bekommen rund 2500 Franken mehr Rente pro Jahr und Ehepaare rund 3750 Franken. Das hat die Schweizer Stimmbevölkerung am 3. März 2024 entschieden.
Gratis ist diese Zusatzrente allerdings nicht. Kostenpunkt: rund 4.2 Milliarden Franken im nächsten Jahr. Und weil immer mehr Leute in Pension sein werden, wird die 13. AHV-Rente bis ins Jahr 2040 fast 5.4 Milliarden Franken kosten. Wer wird das bezahlen?

So wollten die Gewerkschaften die Zusatzrente finanzieren
Lanciert wurde die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Dieser hat die Finanzierungsfrage bewusst offen gelassen. Woher das Geld für die 13. AHV-Rente kommt, solle später vom Gesetzgeber entschieden werden, so der Gewerkschaftsbund im Abstimmungskampf.
Trotzdem argumentierte der Gewerkschaftsbund vor der Abstimmung über die 13. AHV-Rente mit der immergleichen Zahl: Sofern die 13. AHV-Rente allein über höhere Lohnabzüge finanziert würde, koste das für einen Durchschnittsverdiener nur 80 Rappen pro Tag – also 292 Franken pro Jahr. Und gar nichts für die Rentnerinnen und Rentner.
Tatsächlich wäre es unter diesen Annahmen möglich, die 13. AHV-Rente für 292 Franken pro Jahr zu finanzieren und bereits pensionierte Personen gänzlich von einer Mehrbelastung zu verschonen.
Der Bundesrat will die 13. AHV-Rente anders finanzieren
Die Gewerkschaften haben die Rechnung aber ohne «die Wirtin» gemacht: So will Finanzministerin Karin Keller-Sutter die 13. AHV-Rente nicht über Lohnbeiträge finanzieren, sondern über die Mehrwertsteuer. Das belastet nicht nur Durchschnittsverdienende – also Lohnbezüger und -bezügerinnen –, sondern auch Rentnerinnen und Rentner.
Zudem wird eine Mehrwertsteuer-Erhöhung zu grossen Teilen von den Konsumentinnen und Konsumenten getragen. Dies im Gegensatz zu höheren Lohnabzügen, die aus rechtlicher Sicht zur Hälfte von den Arbeitgebenden bezahlt werden. Entsprechend könnte die 13. AHV-Rente auch für Lohnbezüger und -bezügerinnen teurer werden, als im Abstimmungskampf versprochen. Ein definitiver Entscheid steht noch aus.
Folgt bereits der nächste AHV-Ausbau?
Für AHV-Beitragszahlende gibt es aber auch gute Nachrichten. Die neusten Finanzprognosen des Bundesamts für Sozialversicherungen nämlich zeigen: Bis 2040 droht der AHV nur noch ein Defizit von 3.4 Milliarden Franken – wobei der prognostizierte Fehlbetrag wegen der hohen Unsicherheit eine Bandbreite zwischen minus 8 Milliarden Franken und plus 1.7 Milliarden Franken aufweist. Grob entspricht das im Mittel den Ausgaben für die 13. AHV-Rente.
Das bedeutet: Sobald die 13. AHV-Rente finanziert ist, steht die AHV wieder auf soliden Füssen. Zumindest, wenn die Stimmbevölkerung nicht schon bald einem weiteren Ausbau der AHV zustimmt: der Erhöhung der Ehepaarrenten, wie es die Mitte-Partei mit einer Volksinitiative fordert. Affaire à suivre! ■

Portrait Fabio Canetg
Fabio Canetg hat an der Universität Bern und an der Toulouse School of Economics zum Thema Geldpolitik doktoriert. Heute arbeitet er als freischaffender Journalist und Dozent an den Universitäten Neuchâtel und Bern. Er moderiert die Wirtschaftspodcasts «Geldcast» und «Börsenstrasse Fünfzehn».