■ GKB Anlagepolitik
Zins- und Konjunktursorgen dominieren die Finanzmärkte.
Autor: Daniel Lüchinger, Leiter Investment Solutions
Wichtige Wirtschaftsindikatoren haben sich in den vergangenen Wochen nochmals eingetrübt. Dies erhöht die Rezessionssorgen – besonders in Europa. Das Wachstum in China bleibt trotz staatlicher Stimuli schwach. Die Notenbanken halten an ihrem restriktiven Kurs fest und werden die Zinsen weiter erhöhen.
Die Finanzmärkte befinden sich aktuell im Spannungsfeld zwischen Gut und Böse. Auf der einen Seite führen die nach wie vor hohe Inflation und damit zusammenhängend eine weiterhin äusserst restriktive Geldpolitik sowie Rezessionssorgen zu einer Eintrübung des aktuellen Bildes. Anfangs stützte die Hoffnung auf ein rasches Ende der Straffungszyklen die Erholung an den Aktienmärkten – mittlerweile ist jedoch klar, dass die Zinserhöhungen fortgesetzt werden. Sowohl die US-Notenbank Fed als auch die Europäische Zentralbank (EZB) bekräftigten zuletzt ihr Ziel der Inflationsbekämpfung. Weitere aggressive Zinserhöhungen sind zu erwarten, die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen bleiben damit angespannt.
Schwache Konjunkturdaten aus Europa und China
Wichtige Wirtschaftsindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex oder die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage durch die Konsumentinnen und Konsumenten haben sich in den vergangenen Wochen nochmals verdüstert – insbesondere in Europa. Die Inflation wird aufgrund explodierender Gas- und Strompreise in den kommenden Monaten weiter ansteigen. Für den Grossteil Europas zeichnet sich ein Abrutschen in eine Rezession ab.
Die wirtschaftliche Entwicklung in China verläuft ebenfalls enttäuschend. Die Risiken sind erhöht, zumal sich die Erholung von den Lockdowns immer schwieriger gestaltet, da der Rückenwind durch die Exporte fehlt. Der «PMI Manufacturing» fiel zuletzt unter die kritische Marke von 50 Punkten. Auch die zuletzt publizierten Handelsdaten signalisieren eine deutliche Wachstumsabschwächung.
US-Wirtschaft hält sich stabil
Auf der anderen Seite hält sich die US-Wirtschaft stabil. Der Arbeitsmarkt ist auf dem Weg zurück zu einem gesunden Gleichgewicht – auch wenn er noch weit und beschwerlich ist. Auch die US-Konsumentenstimmung verbesserte sich zuletzt. Ein «Soft Landing» scheint möglich zu sein. Mit Blick auf die Lieferengpässe zeigt sich ebenfalls eine gewisse Entspannung. Der Kosten- und Preisdruck lässt gemäss Umfragen etwas nach. Die Ausnahme bildet allerdings Europa: Der ungebremste Anstieg der Erdgas- und Elektrizitätspreise wird auch in den nächsten Monaten für einen weiteren Inflationsschub sorgen. ■
GKB Einschätzung auf einen Blick

Prognoseübersicht

Erneute kräftige Zinsanstiege belasten Obligationenmärkte
Die Inflationsraten in der Eurozone und der Schweiz sind historisch hoch. Die Notenbanken bekämpfen diese mit kräftigen Zinserhöhungen («Frontloading»). Wir erwarten weiterhin steigende Zinsen und eine Abflachung der Zinsstrukturkurve. In den USA ist die Zinsstrukturkurve über diverse Laufzeiten invers. Aus unserer Sicht ist das Aufwärtspotenzial von langen Zinsen begrenzt.
Die Kreditaufschläge von Unternehmensanleihen haben sich ausgeweitet und divergieren in der Eurozone und den USA. Die Ausfallraten sind sehr tief und die Bilanzen der Unternehmen stark. Eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums wird weiterhin für Unsicherheiten sorgen. Abnehmendes Wirtschaftswachstum, hohe Inflationsraten und eine sinkende Nachfrage aus entwickelten Volkswirtschaften sorgen auch bei Schwellenländeranleihen für Gegenwind. Die Volatilität dürfte kurzfristig erhöht bleiben.




Unsicherheiten prägen Aktienmärkte
Die Stimmung an den Aktienmärkten bleibt angeschlagen, die Zins- und Inflationssorgen bestimmen das Geschehen weiterhin. Zwar zeigt sich die Margenentwicklung der Unternehmen stabil, jedoch bei abnehmender Gewinndynamik. Insgesamt bestehen mehr Abwärtsrisiken als Aufwärtssignale und eine nachhaltige Erholung ist aufgrund der anhaltenden Unsicherheiten wenig wahrscheinlich.
Aus Sektorensicht haben sich in vergangenen rezessiven Phasen Titel von Gesundheits- und IT-Unternehmen, welche über eine hohe Qualität verfügen und eine eher geringe Konjunkturabhängigkeit aufweisen, tendenziell besser gehalten. Ebenfalls entwickelten sich in der Vergangenheit US-Aktien in einem solchen Umfeld besser als der Gesamtmarkt. Wir favorisieren Qualitätstitel – im Vergleich zum Anfang des Jahres weisen diese aktuell günstigere Bewertungen auf.



