■ Nachhaltigkeit im Anlagegeschäft
Der Mehrwert von Nachhaltigkeit in der Aktienselektion.
Autor: David Gartmann, Leiter Business Development & Responsible Investment Officer
Bei nachhaltigen Geldanlagen werden neben ökonomischen Eigenschaften auch nichtfinanzielle ESG-Kriterien für die Beurteilung von Investments berücksichtigt. ESG steht für «Environment», «Social» und «Governance» – also Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Diese Kombination führt zu einem gesamtheitlichen Bild der wirtschaftlichen Zusammenhänge und der zukünftigen Chancen und Risiken der bewerteten Unternehmen.
Umwelt, Soziales und Unternehmensführung sind drei wichtige Themenfelder für die Bewertung der Nachhaltigkeit eines Unternehmens oder eines Staates. Ursprünglich sind die Begriffe abgeleitet von der sogenannten «Tripple Bottom Line», die auch unter den drei P «People», «Planet» und «Profit» bekannt ist. Nach diesem Konzept sollen sich Unternehmen auf alle drei Dimensionen konzentrieren, nicht nur auf den Profit.
Die Idee hinter ESG ist einfach: Unternehmen werden mit grösserer Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein, wenn sie neben den Eigentümern auch für die Mitarbeitenden, die Kunden, die Gesellschaft und die Umwelt einen Mehrwert erwirtschaften. Die ESG-Analyse konzentriert sich also darauf, welchen Einfluss Unternehmen auf die Umwelt und die Gesellschaft haben.
Geschäftsmodelle im Wandel
Unserer Ansicht nach eröffnen Aspekte der sozialen und unternehmerischen Verantwortung sowie Umweltverträglichkeit vielfältige Chancen für das Anlagegeschäft. Wie bei finanziellen Bonitätskennzahlen führt ein besseres ESG-Profil zu tieferen Kapitalkosten. Zufriedene Mitarbeitende können durch eine geringere Fluktuation die Kosten senken und für eine höhere Produktivität und Innovationskraft sorgen. Eine effiziente Nutzung von Ressourcen führt langfristig zu tieferen Kosten und damit ebenfalls zu höheren Erträgen. Insgesamt verfügen Unternehmen mit einem guten ESG-Profil über einen Wettbewerbsvorteil.
In einem Wettbewerb mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit verändern sich Geschäftsmodelle. Die Berücksichtigung künftiger Trends ist von einer entscheidenden Bedeutung und sollte selbstverständlich auch strukturelle Veränderungen und den Klimawandel einschliessen. Denn diese Faktoren haben erhebliche Auswirkungen auf die künftige Rentabilität sowie den Fortbestand eines Unternehmens.
Es gehören nicht nur ESG-Leader ins Portfolio.
Soll man nur in Unternehmen investieren, die im Hinblick auf ESG bereits nahezu alle Kriterien erfüllen, oder besser auf Unternehmen mit noch schwachen ESG-Profilen setzen? Nach Meinung der GKB sollte man das eine tun und das andere nicht lassen. Denn einerseits tragen Investitionen in Unternehmen, die Lösungen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen finden, zu einer nachhaltigeren Gesellschaft bei. Andererseits kann das Verhalten von Unternehmen, die noch nicht zu den ESG-Leadern gehören, durch die Initiierung von Engagement-Dialogen unter gleichzeitiger Verbesserung ihrer Geschäftsaktivitäten verändert werden.
Nachhaltigkeit mithilfe einer «Bottom-up»-Aktienselektion
Nachhaltigkeitskriterien lassen sich auf unterschiedlichste Weise in Anlageentscheide einbeziehen. Eine von der GKB angewandte Variante ist die ESG-Integration. Der Begriff «Integration» bezieht sich auf die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken und -chancen in der Finanzanalyse. Durch das Knüpfen der Investitionsentscheidungen an Nachhaltigkeitskriterien wurden 2020 die Selektionsmodelle der GKB durch ESG-Kriterien erweitert.
Auf der Aktienseite erfolgt die Auswahl «bottom-up»: Zuerst werden einzelne Unternehmen analysiert, bevor ganze Branchen oder Regionen betrachtet werden. Die Grundlage für die Selektion bildet ein eigens entwickeltes Mehrfaktorenmodell, bestehend aus zwölf Faktoren. Die wichtigsten Einflussgrössen des Modells sind Qualität, Momentum, Bewertung und das ESG-Rating eines Unternehmens.
Zusätzlich werden Klimazahlen wie beispielsweise der CO2-Fussabdruck, die CO2-Emissionsintensität und die «Net-Zero»-Pläne in die qualitative Beurteilung von Aktien miteinbezogen.
Unsere Analyse wissenschaftlicher Studien zum Thema ESG hat ergeben, dass Unternehmen, die nach Nachhaltigkeitsgrundsätzen geführt werden, in der Regel eine bessere und stabilere Finanzkraft aufweisen. Das sollte auch Anlegerinnen und Anleger interessieren, insbesondere weil das Potenzial höherer risikoangepasster Renditen bei Aktien und Anleihen von Unternehmen, die in Sachen Nachhaltigkeit führend sind, im Allgemeinen grösser ist. ■