■ GKB Anlagephilosophie

Anlagemöglichkeiten im Umfeld steigender Zinsen

Die Notenbanken haben (endlich) mit der Erhöhung der Zinsen begonnen. Zudem haben sie auch damit begonnen, die seit der ­Finanz­­krise durch Käufe von Anleihen stark gestiegenen Notenbankbilanzen zu reduzieren. Welche Auswirkungen auf die Fi­nanz­märkte sind aufgrund dieser restriktiveren Geldpolitik zu er­warten?

Daniel Lüchinger

Daniel Lüchinger

Leiter Investment Solutions

Wenn die Bilanzreduktion – wie erwartet – kontrolliert voranschreitet, ist der Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung und damit wohl auch auf die Finanzmärkte gering. Wir gehen davon aus, dass die Rückführung der Bilanzsumme im Umfang geringer ausfallen wird als die Erhöhung. Die Marktliquidität ist zudem nur wenig tangiert, da keine abrupte Veränderung von Angebot und Nachfrage bei der Liquidität zu beobachten ist.

Bei der Zinsentwicklung ist vor allem entscheidend, wie hoch die Zinsen im aktuellen Zinserhöhungszyklus ansteigen werden. Dies ist hauptsächlich davon abhängig, wie stark sich die Notenbanken auf die Inflationsbekämpfung als Ziel fokussieren. Es ist wahrscheinlich, dass der Höhepunkt im aktuellen ­Zinserhöhungszyklus tiefer ausfallen wird als in vergangenen Phasen. Wir sehen aber, dass vor allem die US-Notenbank Fed die Zinsen schnell erhöhen wird. Sollte die zyklische Inflation nicht wie erwartet zurückgehen, müssten die Leitzinsen auf Kosten des Wirtschaftswachstums sogar stärker angehoben werden.

Strategische Bausteine eines ausgewogenen Portfolios

Grafik Strategische Bausteine

Anlageklassen im Umfeld steigender Zinsen

Auch wenn die Notenbanken erst am Anfang des Zinserhöhungszyklus stehen, versuchen die Finanzmärkte bereits das Ende zu antizipieren. Für Obligationen hat dies zur Folge, dass die Zinsen für alle Laufzeiten bereits deutlich angestiegen und mit ihnen die Kurse für Anleihen deutlich gesunken sind. So wird für Anfang 2023 in den USA bereits mit einem Leitzins von mehr als 3% gerechnet. Der Markt nimmt also einiges vorweg, und der Grossteil der Korrektur bei Obligationen liegt bereits hinter uns. Obligationen sind damit so ­attraktiv wie lange nicht mehr.

Auch die Aktienmärkte leiden unter steigenden Zinsen. Dies aus einem einfachen Grund: Die steigenden Zinsen führen dazu, dass die Bewertung von Aktien sinkt. Dies trifft Wachstumstitel in besonderem Ausmass, da diese den Grossteil ihrer Gewinne in der Zukunft erwirtschaften. Normalerweise – also immer, wenn eine länger anhaltende Rezession vermieden werden kann – entwickeln sich Aktien längerfristig aber auch bei höhe­ren und steigenden Zinsen gut. Allerdings ist die Kursent­wicklung in dieser Phase keine Einbahnstrasse, sondern immer auch von grösseren Rücksetzern begleitet.

Für Realwerte wie Gold und Immobilien ist die Entwicklung der Zinsen ebenfalls von entscheidender ­Bedeutung. Weiter steigende Zinsen werden die Preisentwicklung von Gold und Immobilien unter Druck setzen. Wir schätzen jedoch die guten Diversifikationseigenschaften, welche Gold und Immobilien im Port­foliokontext aufweisen. So hat Gold auch im laufenden Jahr einmal mehr seine Funktion als sicherer Hafen bewiesen.

Vor allem was die Reduktion der Bilanz betrifft, betreten die Notenbanken geldpolitisches Neuland. Damit kann auch die Reaktion der Finanzmärkte nur schwer vorhergesagt werden. Wir gehen aber davon aus, dass die Notenbanken sie genau beobachten und ihren Kurs immer überprüfen und entsprechend gestalten werden.

Wir erwarten, dass sich die Inflation gegen Ende Jahr abschwächen wird. Das globale Wirtschaftswachstum wird sich 2022/23 zwar verlangsamen, bleibt aber positiv. Auch weil die Wachstumstreiber, wie die starke Beschäftigung und die hohen Ersparnisse der Konsumenten, weiterhin intakt sind und die Wirtschaft stützen. Damit sind die Risiken zwar angestiegen, eine tiefgehende Rezession kann aber verhindert werden.

Ausblick

Wie sollen sich Anlegerinnen und Anleger in diesem Zinserhöhungszyklus verhalten? Macht es Sinn, alles auf eine Karte zu setzen? Oder den Aktienmärkten den Rücken zu kehren? Wir empfehlen, Vermögen systematisch und breit diversifiziert anzulegen. Ein Portfolio, welches verschiedene Anlageklassen und -segmente abbildet, ist stabil aufgestellt und für verschiedene Marktphasen gut gerüstet. Aktien, Anleihen und andere ­Anlagen wie Immobilien oder Gold gehören auch in Zeiten der Zinswende ins Portfolio.